Pennsylvania im
Überblick
Geballte Wirtschaftskraft, pulsierende Städte voller Kultur, Geschichte im
Überfluss und landschaftliche Schönheit: Der „Keystone State“ Pennsylvania
trägt wie der Schlussstein einer steinernen Brücke den Bogen, den die
Staaten der amerikanischen Ostküste spannen. Bereits 1787 den USA
beigetreten, ist Pennsylvania mit seinen zwei Großstädten Philadelphia und
Pittsburgh bis heute einer der wenigen Bundesstaaten in den USA, die
wirtschaftlich und kulturell auch für sich allein bestehen könnten.
Über
500 Kilometer erstreckt sich das Staatsgebiet von Philadelphia am Delaware
River im Osten bis nach Pittsburgh nahe der Grenze zu Ohio und zum Eriesee
im Westen. In Nord-Süd-Richtung liegen 290 Kilometer zwischen den
Nachbarstaaten New York und Maryland. Rund 13 Millionen Menschen leben in
diesem gigantischen Rechteck von mehr als 117000 Quadratkilometern.
Pennsylvanias Südgrenze markiert als Teil der „Mason-Dixon Line“ auch den
Übergang zwischen Nord- und Südstaaten der USA.
Die
langen, bis zu 900 Meter hohen Bergketten der Appalachen, hier Piedmont
genannt, durchziehen das Herz des Staates von Nordosten nach Südwesten.
Diese bewaldete Region westlich der Hauptstadt Harrisburg und östlich von
Pittsburgh, zu der auch das ausgedehnte Allegheny Plateau im Westen bis
hinauf zu den großen Seen gehört, ist nur dünn besiedelt – ein Paradies für
Wanderer. Die vergleichsweise kleine Region zwischen Harrisburg und Delaware
River dagegen, Teil der Atlantischen Küstenebene, ist dank ihrer fruchtbaren
Böden fest in Bauernhand. Hier haben die Amischen, die bis heute
Pferdefuhrwerke statt Autos nutzen und altertümlicher Kleidung tragen, ihr
amerikanisches Stammsiedlungsgebiet. Und hier liegen auch die meisten Städte
des Staates – neben Philadelphia und Harrisburg etwa auch Allentown,
Lancaster, Pottstown, Reading und York.
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Die Amischen bei Lancaster
reisen noch mit Pferd und Wagen. |
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Auch das Land jenseits der Berge, um Pittsburgh und Erie herum, ist
landwirtschaftlich geprägt. In Pittsburgh fließen Monongahela und Allegheny
zum Ohio River zusammen, der von hier den Anschluss zum gewaltigen
Wasserwegenetz des Mississippi weiter im Westen herstellt. Der Hafen von
Philadelphia, den Hochseeschiffe über den Delaware River erreichen, ist seit
langem Pennsylvanias Tor zur Welt. Sowohl hier als auch in Pittsburgh bieten
zudem internationale Großflughäfen erstklassige Verbindungen in alle
Himmelsrichtungen.
Ein heiliges
Experiment
Von Menschen bewohnt
ist Pennsylvania seit Jahrtausenden. Zahlreiche Indianerstämme lebten in dem
Land gemäßigten Klimas, das ihnen alles zum Leben Notwendige gab. Schon bald
nach Ankunft der Mayflower 1620 mit den ersten englischen Siedlern weiter
nördlich in Neuengland kamen vereinzelte europäische Abenteurer als Jäger
und Fallensteller.
Erste staatliche
Strukturen entstanden 1681. Damals übereignete der deutschstämmige englische
König Georg II, zugleich Kurfürst von Hannover, das heutige Staatsgebiet dem
Engländer William Penn – um Schulden zu begleichen. Der Admiralssohn Penn
hatte wegen seiner Mitgliedschaft in der radikal pazifistischen Quakerkirche
bereits im Gefängnis eingesessen und nutzte die historisch einzigartige
Gelegenheit, in einem „heiligen Experiment“ ein Staatswesen der religiösen
Toleranz zu gründen.
Penns Waldland –
nichts anderes bedeutet der lateinische Name Pennsylvania – wurde zur
Zuflucht vieler verfolgter religiöser Gruppen aus Europa. Der Gründer selbst
machte sich nach Deutschland auf, um Bauern der Mennoniten- und
Amischenkirchen einzuladen. So brachte 1683 Franz. Daniel Pastorius das
erste Schiff deutscher Auswanderer nach Amerika; in Germantown fanden sie
eine neue Heimat. Penn selbst reiste nur einmal in seine Kolonie. Dennoch
gelang es ihm, die Stadt Philadelphia – griechisch für „Stadt der
brüderlichen Liebe“ – zu gründen und 1682/83 mit dem „Frame of Government“
eine liberale Verfassung der bürgerlichen Rechte und religiösen Toleranz zu
schaffen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte.
Quaker-Kaufleute aus
England ließen Philadelphia sehr schnell wachsen. Konflikte mit der
Urbevölkerung blieben aus, da ihre Religion in jedem Menschen das „göttliche
Licht“ verorten und somit auch die Indianer mit Respekt behandelten. Im
Farmland rund um Lancaster waren die ebenfalls radikal pazifistischen
Amischen und Mennoniten der Garant für Frieden. Sie sorgten auch für die
Ernährung der aufstrebenden Großstadt, die in der Kolonialzeit auf mehr als
40000 Einwohner wuchs. Philadelphia wurde damit zur zweitgrößten englischen
Stadt nach London – trotz Gelbfieberepidemien und anderer schwerer
Rückschläge.
Das fruchtbare Land
im Osten war längst verteilt, als um 1730 eine starke Zuwanderung auch aus
anderen europäischen Ländern einsetzte, vor allem aus Irland und Schottland.
Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts lag die Grenze zur indianischen Wildnis –
der „Frontier“ – bei Harrisburg, sie wurde aber unter dem Druck der
Einwanderung immer weiter nach Westen verschoben. Gleichzeitig wuchsen
Spannungen zwischen der englischen Krone und Frankreich, das vom Mississippi
her seinen Herrschaftsbereich nach Westen in Richtung Appalachen ausdehnte.
Die Franzosen errichteten 1754 das Fort Duquesne – am Ort des heutigen
Pittsburgh. Zwei Jahre später kam es zum Krieg. Im French and Indian War
machten die Franzosen gemeinsame Sache mit Indianerstämmen, die dem Druck
keineswegs pazifistischer Siedler an der Frontier ausgesetzt waren und sich
mit Überfällen gegen die Landnahme wehrten. Derselbe Konflikt, der von 1756
bis 1763 dauerte, wurde in Europa als Siebenjähriger Krieg zwischen Preußen
und Österreich um Schlesien ausgetragen. Auf beiden Seiten des Atlantiks
siegte die preußisch-englische Allianz. Der Osten Nordamerikas blieb
britisch, Schlesien wurde preußisch. Das zerstörte Fort Duquesne bauten die
Engländer neu auf – und benannten es um nach dem britischen Außenminister
William Pitt.
Keimzelle der
amerikanischen Revolution
Das pazifistische
Experiment war an der Weltpolitik gescheitert; die Quaker-Kaufleute in
Philadelphia zogen sich unter diesen Umständen als prägende Kraft der
Politik zurück. Den Krieg mit hohem Blutzoll ausgefochten hatten die
Bewohner der Kolonie, während die Unterstützung des Mutterlandes sich in
Grenzen hielt. Die Unzufriedenheit wuchs. Als es dann zum Bruch der
amerikanischen Kolonien mit England und schließlich zur
Unabhängigkeitserklärung 1776 kam, spielte Pennsylvania erneut eine
Schlüsselrolle. Männer, die als junge Offiziere der königlichen Miliz im
French and Indian War gedient hatten, übernahmen jetzt das Kommando im
Unabhängigkeitskrieg gegen die Herren in London. Die britische Krone
schickte dieses Mal Soldaten in die Neue Welt, viele von ihnen dem
hessischen König abgekauft und gegen ihren Willen nach Amerika verschifft.
Pennsylvania wurde zu einem der wichtigsten Schlachtfelder des
Unabhängigkeitskriegs; Ortsnamen wie Valley Forge und Brandywine stehen bis
heute für die amerikanische Revolution. In Philadelphia erklärten die
Kolonien ihre Unabhängigkeit von England, in Philadelphia ratifizierten sie
1787 die Verfassung der USA, und Philadelphia war auch die erste Hauptstadt
der neuen Nation, bis im Jahre 1800 eigens Washington gegründet wurde. Im
Jahr 1787 trat Pennsylvania der Union bei – als zweiter nach dem
Nachbarstaat Delaware.
Bis 1815 sollte der
Konflikt mit England noch andauern und in einem weiteren, dreijährigen Krieg
gipfeln – unter anderem mit einer Schlacht auf dem Eriesee 1813, die mit
einer Niederlage der britischen Marine endete. Die endgültig erfochtene
Unabhängigkeit und weitere Einwanderungswellen aus Europa brachten eine
Phase starken Wachstums. Der Weg nach Westen war frei, nachdem die USA den
Franzosen im Jahr 1803 die französischen Gebiete am Mississippi und in den
Rocky Mountains abgekauft hatten. Auch in Pennsylvania setzte ein großer
wirtschaftlicher Aufschwung ein. Ausgedehnte Eisen- und Steinkohlevorkommen
bildeten die Grundlage einer rasanten Industrialisierung sowohl im Osten als
auch im Westen des Staates; Eisenbahnstrecken verbanden die
Wirtschaftszentren des Staates miteinander und mit anderen Teilen
Nordamerikas. Pennsylvania wurde zum industriellen Schwergewicht Amerikas
schlechthin und zur Quelle ungeheuren Reichtums.
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Benjamin Franklin vertrat
Pennsylvania bei der Ausarbeitung der amerikanischen Verfassung. Der
Unabhängigkeitskrieg und George Washington sind unvergessen. |
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Der Bürgerkrieg von
1861 bis 1865 beförderte das Wachstum weiter. Es war nicht zuletzt die
geballte industrielle Kraft des Nordens, und zwar insbesondere
Pennsylvanias, die den Süden bezwang. Kritisch für den Norden wurde der
Kriegsverlauf im Juli 1863, als Südstaaten-Armeen nach Pennsylvania
vorstießen, dort aber in der Schlacht von Gettysburg knapp geschlagen
wurden. Diese Niederlage beendete zwar nicht den Krieg, doch konnte sich der
Süden niemals von ihr erholen.
Kohle und Stahl
Nach dem Bürgerkrieg
beschleunigte sich das industrielle Wachstum weiter. Pittsburgh wurde zu
einem der Weltzentren der Stahlerzeugung. Eine Masseneinwanderung aus vielen
europäischen Ländern von Italien bis Polen machte die Industriestädte
Pennsylvanias zu jenem kulturellen Schmelztiegel, der heute für die ganzen
USA steht. Maschinenbau und viele andere Industrien entstanden auf der Basis
von Kohle, Stahl, Handel – und Wissen. Hochschulen von Weltruf wie die
Pennsylvania State University and die Carnegie Mellon University entfalteten
sich. Auch entstand ein kulturelles Leben, wie es neben New York City und
Boston sonst nur Europa kannte: Kunstmuseen wie das Philadelphia Museum of
Art und die Opernhäuser in Philadelphia und Pittsburgh stehen für eine
Kulturlandschaft, die seitdem zur Weltspitze zählt.
Erfolgreicher
Strukturwandel
Bis lange nach dem
Zweiten Weltkrieg blieb Pennsylvania so der Inbegriff wirtschaftlicher
Kraft. Die weltweite Stahlkrise der Siebziegerjahre aber stürzte den Staat
in eine schwere Krise. Ein radikaler Strukturwandel wurde notwendig – und
gelang auch. Pittsburgh ist heute ein weltweit führender Anbieter von
Transplantationsmedizin und vielen weiteren medizinischen Dienstleistungen.
Die Stahlwerke sind verschwunden. Statt ihrer entstand eine ebenfalls
weltweit führende Umwelttechnologie. Die produzierende Industrie des Staates
blieb erhalten – und mit ihnen große Marken: Nach wie vor hat in Pittsburgh
der Lebensmittelkonzern Heinz sein Hauptquartier, werden in York
Harley-Davidson-Motorräder montiert, kommt aus Hershey die bekannteste
Schokolade Amerikas. Eine Unternehmenslandschaft, in der namhafte Konzerne
ebenso so ihren festen Platz haben wie mittelständische Spitzenbetriebe,
bildet Bedingungen für Wohlstand und Zukunftsfähigkeit, die sich mit den
Strukturen im Süden Deutschlands vergleichen lassen. Und die Universitäten
des Staates haben sich längst in die Weltelite der Hochschulbildung und der
Forschung hochgearbeitet. Pennsylvania gehört zu den wenigen Regionen der
Welt, die den Strukturwandel von der Montanindustrie zu einer modernen und
hochgradig konkurrenzfähigen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft mit
Bravour gemeistert haben. Die sprichwörtliche amerikanische Arbeitsethik
spielt dabei eine Schlüsselrolle. Die Pennsylvanians arbeiten viel und
engagiert – voller Stolz darauf, dass sie ihren Staat ein zweites Mal mit
Fleiß und Können und aus eigener Kraft wirtschaftlich an die Weltspitze
gebracht haben.
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Die Flüsse und Seen des
Staates ziehen Angler und Wanderer an. |
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